Hunderte Kilometer per Rad, zu Fuß, mit Bus und Bahn, in drei Wochen bin ich einmal um die ganze Insel gereist. In Teil 1 liest du alles zum Thema Ausrüstung & Fahrräder ausleihen sowie über empfehlenswerte Rad- und Wanderstrecken von Taipeh bis Tainan. In Teil zwei stelle ich dir die Strecken in Süd- und Nord-Taiwan vor.
Meer sehen
Endlich Meer, denke ich mir, als ich Kenting erreiche. Der Ort im gleichnamigen Nationalpark ist im Grunde nicht viel mehr als eine Straße mit Geschäften, Restaurants und Hotels, aber der Ort muss für mich auch nicht viel können, Hauptsache ich kann dem glasklaren, türkisblau schimmernden Wasser dabei zusehen, wie es an Land rollt, kann barfuß durch den Sand laufen und die perfekte Sonnenuntergänge bestaunen, dabei meinen eiskalten Milchtee schlürfen und die wahnsinnig entspannte Atmosphäre genießen, die den meisten Orten am Meer genauso selbstverständlich innewohnt, wie der salzige Geruch in der Luft.
Am nächsten Tag leihe ich mir ein Fahrrad, leider ist die Auswahl hier recht bescheiden und die Qualität der Räder schlecht. Besser bedient sind wohl diejenigen, deren Unterkunft ihnen ein paar Räder zur Verfügung stellt. Also steige ich auf mein rostiges Mountainbike und radle von Kenting zur Baisha Bay, vorbei am Longluan Lake. Egal wohin ich blicke: grün, grün, grün. Ich liebe es! Genau das was ich brauche, nach einigen Tagen im Großstadtdschungel. Jetzt bin ich zur Abwechslung tatsächlich im Dschungel und ein kleines Äffchen beobachtet mich schüchtern aus dem Dickicht.
Entlang der befahrensten Straße im Nationalpark führt ein Radweg, später fahre ich auf der Straße, aber dass ist nicht schlimm, denn einmal von der Hauptverkehrsader abgebogen, ist kaum noch was los. Die Sonne knallt vom Himmel und ohne Frage, im Süden der Insel ist es im Frühling deutlich heißer als im Norden, um genau zu sein sind es 28 Grad. Gerade noch erträglich für eine Radtour. Im Hochsommer würde mich in Kenting vermutlich keiner aufs Rad kriegen. Außerdem ist es in der Nebensaison deutlich entspannter und der Partytourismus noch im Winterschlaf.
Leicht verschwitzt erreiche ich die Baisha Bay. 2 Sekunden später halte ich bereits eine frische Kokosnuss in der Hand, trinke durstig und lasse mich in den Sand fallen. Es ist kein einsamer Strand, aber überfüllt ist es auch nicht. Das Meer ist ein Traum und perfekt zum Schwimmen, kaum Wellengang und glasklares Wasser, metertief. Eigentlich will ich hier gar nicht mehr weg.
Am nächsten Tag entscheide ich mich für eine Wanderung zur Forest Recreation Area Kenting. Von Kenting aus wandere ich ungefähr eine Stunde bis zum Eingang des Parks. Es gibt nur eine Straße die dort hinführt und außer mir, hat sich keiner für den Fußweg entschieden. Alle 5-10 Minuten fährt mal ein Auto vorbei und sage und schreibe vier von ihnen halten und bieten mir freundlich an, mich bis zum Park mitzunehmen.
Etwas was ich immer und immer wieder auf Reisen feststelle ist, die Welt ist voll von wahnsinnig freundlichen und hilfsbereiten Menschen. 90% der Zeit reise ich alleine, wenn ich anderen davon erzähle, kann ich oftmals schon die Sorgenfalten auf ihrem Gesicht erkennen, während ich nach all den Jahren sagen muss, wenn mir das Alleinreisen etwas gezeigt hat, dann wie unglaublich herzlich die meisten Menschen sind.
Der Park liegt auf einer Anhöhe, dementsprechend traumhaft ist die Aussicht von hier oben. Wer noch höher hinaus will, für den gibt es einen Aussichtsturm und in der Tat, der 360 Grad Blick von hier oben, ist noch einmal um einiges beeindruckender: Grüne Hügel und Berge zu deren Füßen der blaue Ozean ruht. Im Park ist es sehr entspannt, denn es ist kaum etwas los. Der Weg führt durch mehrere Höhlen und kräftig grüne Vegetation. Wenn ich einen Moment stehen bleibe, kann ich im Dickicht immer wieder das ein oder andere Äffchen ausmachen.
Anreise
Es gibt es viele Möglichkeiten nach Kenting zu kommen. Eine bequeme Anreise hast du mit dem Kenting Express Bus von Kaohsiung aus. Der Bus fährt vom High Speed Rail Zuoying Station ab, dort kannst du auch das Ticket kaufen
Teapot Mountain, Wandern mit Aussicht
Als ich das Dorf Jiufen erreiche, in dem einst Gold geschürft wurde, sind sie plötzlich alle da, die ganzen Touristen, die ich 3 Wochen lang nirgendwo gesehen habe. Hunderte Koreaner und Japaner schieben sich durch eine Straße: die Old Street. Das schmale Sträßchen wird zu beiden Seiten von Souvenirgeschäften, Restaurants und Teestuben gesäumt, während über den Köpfen der Menschen munter hunderte rote Lampingnos baumeln. Abseits der Old Street verirren sich nur wenige Touristen, dabei haben in den ruhigen Gassen des Dorfes viele interessante Künstler oder Photographen ihre Ateliers. So auch Hu Darfar, er schafft einzigartige Bilder die ein Mosaik aus Metallstücken sind, zum Beispiel alten Bierdosen.
Wem es nicht nach Menschenmassen gelüstet, für den ist Jiufen und das nur wenige Minuten entfernte Nachbardorf Jinguashi dennoch das Richtige. Denn hier gibt es Wanderstrecken, die jeden Schritt mit einer unvergleichlichen Aussicht belohnen. Wer den Teapot Mountain besteigt, unter dem erstreckt sich ein Meer aus grünen Bergwipfeln, zu dessen Füßen ein türkisblauer und kristallklarer Ozean die Wellen an Land spült. Bei einem Blick nach unten entdeckt man immer wieder kleine rote Pünktchen in der Ferne. Es sind die Dächer der kleinen Pavillons, die den Weg säumen und zu einer Essenspause einladen oder einfach dazu, die Aussicht zu genießen. Die Aussicht überwältigt mich pausenlos, immer wieder bleibe ich stehen, sehe mich um und kann kaum fassen, wie wahnsinnig schön es hier ist.
In Jiufen selbst kannst du den Keelung Mountain Trail wandern, im Grunde ist es mehr ein endloses Treppensteigen, aber die Aussicht ist es wirklich wert. Beide Trails schafft man an einem Tag.
Anreise
Nach Jiufen gelangst du entweder mit dem Zug von Taipeh nach Ruifang und von dort weiter mit dem Bus oder du nimmst den Bus 1062 der von Taipeh durchfährt. Je nach Verkehr dauert die Fahrt 1-2 Stunden.
Um zum Teapot Mountain Trail gelangen, nimmst du den Bus 1062 und steigst in Jinguashi an der Endhaltestelle Quanji Temple aus. Von dort erreichst du den Beginn des Trails in wenigen Minuten.
Nützliches
Eine unverzichtbare App in Taipeh und ganz Taiwan ist der Bus Tracker Taiwan . Denn die Busfahrpläne an den Haltestellen sind in der Regel nur auf chinesisch. In der App einfach die entsprechende Busnummer eingeben und der Fahrplan wird auf Englisch angezeigt. Außerdem gibt es eine Karte mit genauen Haltestellen.
Noch mehr über Taiwan auf meinem Blog:
Radfahren und Wandern in Taiwan Teil 1
Geheimtipp Taiwan – Ein Langes Wochenende in Taipeh